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Stadttheater

Das Schauspielhaus Bochum (1907/08, 1914/15, 1951/53)

Mit der Intention, den bürgerlichen Charakter des neuen Stadtteils zu stärken und die Infrastruktur des Standorts zu verbessern, ließ Clemens Erlemann am Standort des heutigen Schauspielhauses mit Unterstützung der Stadt nach Plänen des Architekten Paul Engler ab 1907 das Orpheum-Theater errichten. Zur Finanzierung wurde die Apollo-Theater-AG gegründet. Nach der Eröffnung der größten Bühne des Ruhrgebiets im Oktober 1908 zeigte sich jedoch schon bald, dass das von Erlemann aus nicht bekannten Gründen favorisierte Konzept eines Varieté-Theaters mit unterhaltsam-volkstümlichen Stücken am Publikumsgeschmack vorbeilief. Ausschlaggebend für die schlechte Resonanz in der Bevölkerung waren aber auch die extrem schlechte Akustik des Gebäudes, die in keiner Weise den Anforderungen eines Theaters entsprach, sowie die schlechte Sicht auf die Bühne. Um das Theater auch als Veranstaltungssaal nutzen zu können, stiegen die Sitzreihen nach hinten nicht wie üblich an, sondern waren ebenerdig aufgestellt

Da schon nach kurzer Zeit eine zunehmende Anzahl der 2.000 Plätze freiblieb, musste Erlemann das Theater 1909 schließen und begann im Juni 1912 auf eigene Kosten mit den Arbeiten zum Umbau in eine Theaterbühne. Die Pläne des Düsseldorfer Architekten Bettinger sahen eine Rekonstruktion des Inneraums und den Anbau eines neuen Bühnengebäudes unter weitgehender Beibehaltung der vorhandenen Bausubstanz vor. Erlemanns finanzielle Basis erwies sich jedoch als unzureichend, sodass er wenig später Konkurs anmelden musste. Die Stadt übernahm daraufhin Anfang 1914 das Gebäude aus der Konkursmasse und ließ es bis Ende 1915 vollständig umbauen. Dadurch wurde der ehemals reichhaltige Jugenstilkomplex mit seiner Stahlrippenbetonkuppel von 29 m Durchmesser in einen neoklassizistischen Bau verwandelt.

Unter dem zwischen 1919 und 1949 amtierenden Intendanten Saladin Schmitt machte sich das Bochumer Stadttheater einen Namen als Shakespeare-Bühne. Schmitt prägte zudem mit der weitgehend werkgetreuen Inszenierung deutscher Klassiker den „Bochumer Stil“. Zwischen 1921 und 1935 bestand eine enge Kooperation mit der Duisburger Oper, die ebenfalls von Schmitt geleitet wurde. Bei dem großen Luftangriff auf Bochum am 4. November 1944 wurde das alte Theatergebäude weitgehend zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte das Ensemble für seine Vorführungen als Ausweichquartier zunächst das Stadtparkrestaurant. Ende der 1940er-Jahre begannen die Planungen zur Wiedererrichtung. Da das spitzwinkelige Gelände am alten Standort für einen modernen Theaterbau ungünstig erschien, favorisierte man zunächst eine Verlegung in die Innenstadt an den Husemannplatz, entschied sich dann jedoch auch aus finanziellen Gründen für den Einbezug der noch vorhandenen Bausubstanz (Fundamente, Wandteile des Bühnenhauses und den Stahlbetonstützenkranz des Zuschauerhauses). Fördermittel verschiedener Wiederaufbauprogramme flossen namentlich für diesen Zweck und weniger für reine Neubauprojekte. Als Architekt beauftragte die Stadt Gerhard Moritz Graubner, Professor an der TH Hannover. Die Arbeiten begannen am 1. Juni 1951. Am 15. August 1953 war der mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 6,4 Mio. DM errichtete Bau fertiggestellt, sodass sich am 23. September der Vorhang im neuen Schauspielhaus Bochum zum ersten Mal heben konnte.

Als äußeres Hauptgestaltungselement wählte Graubner eine Verklinkerung als Reminiszenz an den Ziegelstein – den Baustoff des Ruhrgebiets seit dem 19. Jahrhundert. Bei der Innengestaltung wurde die geschwungene Form zum tragenden Gestaltungsmerkmal. Der Bereich zwischen Zuschauerraum und Außenmauer ist in zahlreiche „nierenförmige“ Räume unterteilt. Dazu gehören die Wand- und Deckenleuchten, deren florale Form („Tulpenlampen“) am wirkungsvollsten in zwei Kronleuchtern im Foyer in Erscheinung tritt. Insgesamt sind 922 Plätze im Schauspielhaus vorhanden.

Graubner errichtete zwischen 1954 und 1957 auch das benachbarte Verwaltungsgebäude der Ruhrstickstoff AG (heute Finanzamt Bochum-Süd) sowie 1966 auf dem dazwischenliegenden Gelände des Hauses Rechen die Kammerspiele.



Dietmar Bleidick



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